Festivalbericht - Hexentanz

Festivalbericht - Hexentanz

Das Hexentanz-Festival fand vom 28.04 bis zum 30.04.2023 erstmals in Großrosseln statt. Die 15. Auflage des Festivals hätte bereits 2020 über die Bühne gehen sollen, musste aber aufgrund bekannter Umstände immer wieder verschoben werden. Zwar konnte das Line-Up von 2020 nicht eins zu eins übernommen werden, doch das Programm war deswegen nicht weniger grandios.

Für viele Besucher*innen läutet das Hexentanz-Festival wohl die Festival-Saison ein. Ab Donnerstag ist der Campingground geöffnet. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag regnet es allerdings ununterbrochen, so dass das Gelände in kürzester Zeit so matschig ist, dass nicht wenige Besucher*innen, die erst am Freitag anreisen, im schlammigen Untergrund stecken bleiben. Glücklicherweise ist ein Traktor zur Stelle, der die festgefahrenen Autos herauszieht. Ist diese anfängliche Hürde erst überwunden, so erwartet den*die Festivalbesucher*in, wahlweise mittelalterlich, als Hexe oder Schamane gewandet, ein großartiges Wochenende mit überragenden Bands, überwiegend aus den Bereichen Dark Rock- und Mittelalter-Rock. Das Ambiente wird abgerundet von Marktständen mit mittelalterlicher Kleidung, Schmuck, Piercings und mehr. Mit passenden Getränken, wie etwa Bier mit Met oder „Wikingerblut“, kann man sich mittels Bonsystem versorgen. Die kulinarisch abwechslungsreichen Stände verzichten auf diese Bezahlmethode, hier ist Barzahlung möglich. In diesem Jahr ist sogar ein Tattoo-Truck vor Ort, in dem man sich (ggf. nach vorheriger Terminvereinbarung) ein kleineres Tattoo stechen lassen kann. Im Vordergrund des ganzen Spektakels steht natürlich das musikalische Programm und das hatte es ordentlich in sich.

 

Freitag, 28.04.2023

Auf in die Schlacht! Der Festivalfreitag, genannt Walpurgisschlacht, beginnt punktgenau um 13:30 Uhr mit der Dark-/ Gothic-Rockband Mystigma. Trotz immer wieder einsetzenden Schauern finden sich zum Auftakt bereits einige Besucher*innen vor der Bühne. Nach einem dreißigminütigen Set und einer kurzen Umbaupause geht es mit Circus Of Fools weiter, einer Metalband, die sowohl musikalisch als auch visuell in ihrer Liveshow durch Kostümierung und Gesichtsbemalung Elemente aus dem Zirkus einbringt und in deren Set sie einige Songs ihres jüngsten Albums A Broadcast From Gen.0 präsentieren. Danach wird es elektrisch mit Blitz Union, einer Elektro-Rockband aus Tschechien. Anschließend spielt die Mittelalter-Rockband Ignis Fatuu ein solides Set, in dem auch Songs des 2016er Albums Meisterstich, einer Hommage an die bekanntesten Kupferstiche des frühneuzeitlichen Künstlers Albrecht Dürer, Platz finden, darunter beispielsweise „Die vier Reiter der Apokalypse“. Ragnaröek sind im selben Genre beheimatet und lassen sich für ihre Show einiges einfallen. So sorgen Pria und Aurora für ein visuelles Erlebnis, indem sie mit verschiedenen Accessoires wie schwarzen Umhängen, die wie Flügel anmuten, oder Fackelhaltern in den Händen, bestückt werden. Zusätzlich wird beim entsprechenden Lied mit dem Publikum ein Rum-Trichtersaufen veranstaltet. Für pyrotechnische Einsätze sorgt auch der Schmied, als er auf dem zum Bühnenbild gehörenden Amboss das Schwert des Ragnaroek schmiedet. Mitgröl-Potenzial besteht bei Liedern wie „Man(N) liebt Dich“ oder „Trinkfest 5-4-3-2-1“. Anschließend heizt die Dark-Rock/ Synth-Pop-Band Diary Of Dreams Bühne und Publikum unter anderem mit dem im Frühjahr erschienenen Album Melancholin für den Headliner der Walpurgisschlacht auf. Subway To Sally, die das letzte Mal im Jahr 2017 das Hexentanz beehrten, machen auf ihrer Himmelfahrt-Tournee durch Deutschland, anlässlich ihres im März veröffentlichten gleichnamigen Albums, auch in Großrosseln halt. Von diesem Album werden beispielsweise „Was ihr wollt“, „Leinen los“ oder „Weit ist das Meer“ zum Besten gegeben. Ansonsten spielt sich die Band quer durch ihre Diskographie, wobei das berühmte „Eisblumen“ nicht fehlen darf. Auch das rein vocale „Sanctus“ vom 1997er Album Bannkreis wird präsentiert. Als letzte offizielle Nummer vor den Zugaben ertönt „Kleid aus Rosen“ und schließlich beenden Subway To Sally sowohl die Walpurgisschlacht als auch ihre Show mit dem obligatorischen „Julia und die Räuber“.

 

Samstag, 29.04.2023

Der Samstag beginnt mit strahlend blauem Himmel und Sonnenschein. Die Sonne versteckt sich zwar gegen Mittag wieder hinter einer dicken Wolkendecke, aber immerhin bleibt es trocken. Die Symphonic-Metal-Band Snow White Blood, die bekannte Märchen in eigener musikalischer Interpretation vertonen, eröffnen den Festival-Samstag. Dabei spielen sie gleichzeitig ihren allerletzten Gig überhaupt, da die Band traurigerweise vor einigen Wochen ihr Aus via Instagram und Co. mitteilte. Die nachfolgende Mittelalter-Metalband Ingrimm spielte schon mehrmals auf dem Hexentanz und kann als so etwas wie ein Stammgast auf dem Festival gesehen werden. Im Stil dieser Band treffen Doublebass und teilweise gutturaler Gesang auf Dudelsack und Drehleier. Danach erobern Manntra aus Kroatien die Bühne. Mit ihrem Folk Metal in kroatischer oder englischer Sprache und pyrotechnischen Einsätzen begeistert die Band das Publikum. Die Band stellt bereits Songs des im September erscheinenden Albums War Of The Heathens vor. Zu Liedern wie „Kiša“; „Ori Ori“ oder „Barren King“ kann dabei ordentlich getanzt und geheadbangt werden. Das folgende Septett Harpyie präsentiert Folkrock mit Metaleinflüssen und feuert Hits wie „Die Geister die ich rief“ oder „Freakshow“ in die Menge. Auch die Irish Folk Punkband Mr. Irish Bastard sorgt für sich bewegende Köpfe und sogar den ein oder anderen Crowdsurfer. Fäuste werden in die Höhe gestreckt bei „No Justice No Peace“ und Becher sowie Trinkhörner werden geschwenkt zu „We're All Irish on St. Patrick's Day“. Der Name der nachfolgenden Mittelalter-Rockband Tanzwut geht tatsächlich auf das historische Phänomen der Tanzwut des 14. und 15. Jahrhunderts zurück, bei dem Gruppen von Menschen scheinbar willenlos bis zur Erschöpfung tanzten. Anlass zum Tanzen besteht allemal, da die Band mittlerweile ihr 25-jähriges Bühnenjubiläum zelebrieren darf – oder eben ihre Silberne Hochzeit. Das gleichnamige, im Februar erschienene Best-Of-Album präsentiert neu aufgenommene Hits der Band, wie beispielsweise „Ihr Wolltet Spaß“ oder „Was soll der Teufel im Paradies“. Ebenfalls auf 25 Jahre Bandgeschichte können Schandmaul zurückblicken. Zu diesem Anlass wird ein Jubiläumsfestival am 7. und 8. Juli 2023 in Gelsenkirchen stattfinden, das von der Band etablierte so genannte Folkfield Festival. Schandmaul spielen eine großartige Show und strotzen vor Spielfreude, indem sie einen Klassiker nach dem anderen in die Menge feuern. Fans können ihre Textsicherheit bei Songs wie „Der Teufel...“, „Königsgarde“ oder „Der Pfeifer“ beweisen. Auch das erste eigene Lied der Band „Teufelsweib“ darf in diesem Set nicht fehlen. Der Walpurgisnacht wird bereits an diesem Abend etwas verfrüht mit dem gleichnamigen Lied gehuldigt. Schließlich ertönt mit „Bunt und nicht braun“ eine Hymne, die zu mehr Toleranz und Offenheit auffordert, bevor der zweite Festival-Tag zu Ende geht.

 

Sonntag, 30.04.2023

Minusheart eröffnen den letzten Festivaltag mit ihrem Electro/ Synth/ Dark-Rock, unter anderem mit der erste Single „A Catastrophe“ des kommenden Albums M6. Auch die schweizerische Dark-Rockband Hell Boulevard lässt es ordentlich krachen. Nachdem Vlad In Tears, die ebenfalls schon öfter im Line-Up des Festivals vertreten waren, die schon recht zahlreichen Zuschauer*innen in Stimmung versetzt hat, ist es Zeit für Ost+Front. Die NDH-Band, die im kommenden Herbst auf Deutschlandtour geht, nimmt das Publikum bei Liedern wie „Mensch“ oder „Heavy Metal“ ordentlich mit. „Fiesta de sexo“ singt Frontmann Hermann zusammen mit Eva Edelweis, zweitere passenderweise mit einem Sombrero auf dem Kopf. Anschließend ist es Zeit für die Dark-Metalband Nachtblut, die sich zum Zeitpunkt des Festivals am Ende ihrer Vanitas-Tour befindet. Die Band spielt sich quer durch ihre Diskographie. So finden sich ältere Lieder wie „Antik“ oder „Ich trinke Blut“ neben neueren Songs wie „Leiherkinder“ vom aktuellen Album oder „Multikulturell“ und „Lied für die Götter“ vom 2017er Album Apostasie. Das balladeske „Die Toten vergessen nicht“ beschließt das Set und die 15. Auflage des Hexentanz neigt sich nun langsam aber sicher ihrem Ende entgegen. Letzte Instanz die „Violin-Cello-Rockband“, reißen das Publikum ordentlich mit. Mitgröl-Passagen sind bei „Entzündet die Feuer“ mit epischem Mittelteil gewährleistet, ebenso wie bei der Single „Asphaltrosen“, die letzten Dezember veröffentlicht wurde. Nach diesem Auftritt sind die Zuschauer*innen bereit für das große Finale des Festivals. Mit „Volle Kraft Voraus“ als Opener entern Eisbrecher um Kapitän Alexx Wesselsky die Bühne. Noel Pix konnte selbst nicht anwesend sein, wurde aber von Gitarrist Dodo würdig vertreten. Im Set finden sich überwiegend Songs der drei neueren Studioalben Liebe Macht Monster, Sturmfahrt sowie Schock, so werden „Frommer Mann“, „Was ist hier los?“ oder „1000 Narben“ zum Besten gegeben. Auf Wunsch eines einzelnen, ein Schild mit entsprechendem Songwunsch in die Höhe haltend, rezitiert Alexx fehlerfrei zumindest eine Strophe des „PokéRap“. Ansonsten dürfen Klassiker wie „Eiszeit“, „This is Deutsch“ oder „Miststück“ nicht fehlen. Bei „Himmel Arsch und Zwirn“ beweist das Publikum, wie laut es mitzusingen in der Lage ist und zu eine der Zugaben „Verrückt“ entsteht sogar ein kleiner Pogo. Zum Schluss haben einige Fans die Möglichkeit, einen Plüsch-Eisbär in Kapitänsuniform zu fangen, die von der Band in die Menge geworfen werden.

Ein wolkenschwaden-verhangener Halbmond ziert den dunklen Nachthimmel in dieser Walpurgisnacht und so können Bands, Publikum, Veranstalter und Hexen ein grandioses Festivalwochenende beschließen.

 

Redaktion: Celin Ost

Foto: Nina Huwer

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